Grundsätzlich optimistisch

Das vergangene Jahr war geprägt von der Corana-Pandemie, Lieferengpässen, steigenden Preisen für Rohstoffe und Vorprodukte und Handelsstreitigkeiten zwischen China und den USA. Was waren die größten Herausforderungen für Ihre Kunden?

Die Situation im letzten Jahr war für fast alle unsere Kunden schwierig. Größte Herausforderung war für die meisten von ihnen definitiv die Lieferkettenproblematik. Dass selbst mit vollen Auftragsbüchern der Umsatz kaum wächst oder sogar sinkt, weil die nötigen Rohstoffe und Vorprodukte fehlen, hat den erhofften Aufbruch nach den ersten Pandemiewellen teilweise gleich wieder erstickt. Bei Herstellern mit Produktion in Asien kam noch hinzu, dass sie ihre Waren oft nur schwer und stark verzögert nach Europa bekommen haben. Besonders hart getroffen hat das unsere Kunden aus der Möbel- und der Textilindustrie.

Andere Kunden von uns hatten dagegen am stärksten mit den massiven Rückgängen beim Reisen zu kämpfen. Einige Anbieter von Dienstleistungen für Hotels etwa hatten zeitweise überhaupt nichts mehr zu tun, mussten alle Mitarbeiter vorübergehend freistellen.

Wie war die Lage für Close Brothers Factoring?

Für uns war die Situation ebenfalls nicht einfach, denn mit den rückläufigen Umsätzen unserer Kunden sanken auch unsere Umsätze. Dazu war es schwieriger als üblich, neue Kunden zu gewinnen. Zum einen, weil Factoring als Finanzierungsform bei sinkenden Umsätzen weniger interessant ist, zum anderen, weil viele Unternehmen bereits staatliche Unterstützung erhielten. Als drittes machten es die zeitweisen Kontaktbeschränkungen unmöglich, potenzielle Kunden persönlich zu treffen und gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Dies ist bei unserem Geschäftsmodell jedoch elementar. Selbst als die Kontaktbeschränkungen aufgehoben waren, waren viele Unternehmen zunächst noch sehr zurückhaltend mit Vor-Ort-Terminen.

Wie haben Sie auf die Entwicklungen reagiert?

Trotz unserer eigenen schwierigen Situation haben wir alles getan, um die Lage unserer Kunden nicht noch zu verschlimmern. Wir haben weder Preise erhöht noch Risikoaufschläge eingeführt. Auch die Sperrsätze haben wir selbst bei Verringerung der Forderungsvolumina nicht wie viele andere Wettbewerber heraufgesetzt. Damit haben wir unseren kleinen Teil dazu beigetragen, dass keiner unserer Kunden in Insolvenz gehen musste.

Im Bereich der Akquise haben wir unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Unter anderem haben wir neue, gegen den Trend wachsende Zielbranchen identifiziert und adressiert. Auch haben wir die Zeiten, in denen Kontakte möglich waren, maximal für Vor-Ort-Termine ausgenutzt. Unserem Vertriebsteam möchte ich in dem Zusammenhang auch noch einmal für den enormen Einsatz danken. Weiterhin haben wir die Zusammenarbeit mit unserer Schwestergesellschaft, der Close Brothers Asset Finance GmbH, verstärkt. Wir bieten beide sehr unterschiedliche Lösungen zur Steigerung der Liquidität an, die sich hervorragend ergänzen können. Zwischen unseren Teams gibt es nun einen regelmäßigen engen Austausch, der inzwischen auch schon von Erfolg gekrönt ist.

Was war Ihnen persönlich in den letzten Monaten besonders wichtig?

Von größter Bedeutung war für mich, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit dem Team ist das auch gelungen, weder beim Kundenkontakt noch bei den Kontrollen gab es Unterbrechungen. Zugleich war es mein Ziel, dass sich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin regelmäßig im Büro austauschen können. Denn der „Flurfunk“ ist nicht nur für die Zusammenarbeit und einen erfolgreichen Geschäftsbetrieb wichtig, sondern auch für das Wohlergehen jedes einzelnen. Im Büro waren für mich daher neben kostenlosen Masken und Tests auch Luftreiniger selbstverständlich. Zudem bieten unsere räumlichen Gegebenheiten ausreichend Platz für ein sicheres Arbeiten. Alles in allem konnte unser Team so die Hälfte der Arbeitszeit im Büro verbringen, ohne dass wir einen einzigen Corona-Fall hatten.

Was erwarten Sie mit Blick auf den Markt für 2022? Wohin wird die Reise in Ihren wichtigsten Zielbranchen gehen?

Wie es weitergehen wird, ist angesichts ständig neuer Infektionswellen natürlich schwierig zu beurteilen. Grundsätzlich sind wir jedoch optimistisch. Konsum und Reisen sind generell wieder möglich, auch gibt es immer weniger Lieferengpässe. Entsprechend erholen sich die meisten unserer Kunden bereits wieder oder haben sich – wie Unternehmen aus der Möbel- und Textilbranche – sogar schon erholt. Selbst in der Arbeitnehmerüberlassung sehen wir einen deutlichen Trend zurück zur Normalität. Darüber hinaus scheint das Omikron-Virus weniger gefährlich zu sein als die früheren Virusvarianten, und in den besonders früh und stark von Omikron betroffenen Ländern ebbt die Infektionswelle sogar schon wieder ab.

Unsere große Hoffnung ist daher, dass es keine weitere, gefährliche Virusvariante geben wird und bis zum Sommer dieses Jahres die große Mehrheit der Menschen vollständig geimpft oder genesen ist, sodass spätestens dann aus der Pandemie eine Endemie wird und sich die Lage endgültig stabilisieren kann.

Welche Entwicklungen erwarten Sie für Ihr eigenes Geschäft?

Factoring ist eine Finanzierungsform, die bei wachsenden Umsätzen besonders sinnvoll ist. Spätestens wenn die aktuellen Hemmnisse weitgehend überwunden sind und die Wirtschaft wieder richtig anzieht, erwarten wir daher ein starkes Wachstum unseres Geschäfts. Bereits 2009 haben wir nach der Weltfinanzkrise vom Wiederanlaufen der Wirtschaft überproportional profitiert.

Erste Ansätze für eine solche Entwicklung zeigen sich schon jetzt. Seit Mitte 2021 erholen wir uns langsam, konnten unseren Umsatz im Vergleich zu 2020 sogar um 20 bis 25 Prozent erhöhen – fast schon wieder auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit. Dabei konnten wir auch schon wieder neue Kunden gewinnen. Einige von ihnen hatten in den letzten zwei Jahren erheblich gelitten, was sich auch bei der Bonität bemerkbar machte. Doch wenn Unternehmen über ein stabiles Grundgeschäft, ein gutes Management und Perspektiven verfügen, sind sie bei uns willkommen.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Aufgaben für Sie und Ihr Team in den kommenden Monaten? Welche Aktivitäten stehen bei Ihnen 2022 im Fokus?

Unsere wichtigste Aufgabe wird sein, dass wir unsere Bestandskunden weiterhin bestmöglich unterstützen mit maximaler Servicequalität und gewohnt rascher Umwandlung ihrer Forderungen in liquide Mittel. Nur wenn sie zufrieden sind, können auch wir wirklich zufrieden sein.

Darüber hinaus werden wir unsere Vertriebsstrategie wie gewohnt immer wieder hinterfragen und gegebenenfalls anpassen. Die alles entscheidende Frage für uns ist hier: Welches Unternehmen hat jetzt oder in naher Zukunft Bedarf an unserer Finanzierungsform? Um das zu klären werden wir laufend globale und lokale Entwicklungen im Auge behalten, ihren Einfluss auf verschiedene Branchen in Deutschland einschätzen und mögliche Konsequenzen für uns durchspielen.

Ein relativ aktuelles Ergebnis dieser Betrachtungen ist zum Beispiel, dass Unternehmen aus der Transportbranche bei der Ansprache etwas aus unserem Fokus rücken werden. Der Sektor lief in den letzten Jahren sehr gut, doch genau deshalb erwarten wir hier in nächster Zeit weniger Wachstum und damit weniger neue Kunden. Stattdessen beschäftigen wir uns bereits verstärkt mit Branchen, die deutlich von dem Nachholbedarf in vielen Produktbereichen oder auch von neuen gesetzlichen Regelungen profitieren.

Welche Ziele haben Sie sich persönlich und für Close Brothers Factoring gesteckt?

Mein wichtigstes Ziel ist es, dass unter meiner Führung am Ende des Jahres alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin bei uns arbeiten, dass keiner durch die beruflichen Aktivitäten gesundheitlich beeinträchtigt wurde und dass sich alle maximal wohl fühlen. Für Close Brothers Factoring möchte ich ein gutes, gesundes Wachstum auf Basis maximal zufriedener Bestandskunden sowie überzeugter Neukunden erreichen.